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Der Desinformator: Wie Putins Propaganda-Armee einen Krieg rechtfertigt
Man hat ihm ja einiges zugetraut, aber am 24. Februar 2022 hat der russische Präsident und Diktator aus Leidenschaft Wladimir Putin erneut bewiesen: Schlimmer geht immer. An jenem Tag befahl er den brutalen und völkerrechtswidrigen Angriffskrieg auf die Ukraine, welcher bis heute zahlreiche Opfer fordert. Der Krieg wird seither von Propaganda und Desinformation aus dem russischen Lager angefeuert. Mit den landeseigenen Medien in eiserner Hand und einer Armee an digitalen Trollen zieht der Kreml in die Schlacht. Bei dieser pro-russischen Märchenstunde salutieren Verschwörungsideologen, Rechtsextreme und Putin-Anhänger:innen gleichermaßen an vorderster Verschwörungsfront. Hier wird das Wort nicht nur im übertragenen Sinne zur gefährlichen Waffe Russlands.
Wer glaubt, die russische Propaganda-Welle würde außerhalb der Landesgrenze Russlands abebben, der täuscht sich gewaltig. Auch in Deutschland treffen die vom Kreml kreierten Desinformationen auf dankbare Verbreiter:innen. So kursieren beispielsweise Erzählungen einer angeblichen Provokation durch die NATO, die Russland in den Krieg gezwungen hätte. Armes Russland – es hatte ja gar keine Wahl! Auch die recht absurde Vorstellung, die NATO habe Russland seit den 90er Jahren „eingekreist“, wirkt nunja, ziemlich lächerlich: Immerhin ist Russland der größte Flächenstaat der Erde. Umgeben wird er von 14 Nachbarstaaten, wovon neun allerdings überhaupt keine NATO-Mitglieder sind. Zu ihnen gehören übrigens auch die nuklearen Supermächte China und Nordkorea – man kennt sich.
Aber die russischen Verschwörungsmärchen geben noch viel mehr her, schließlich soll der Angriffskrieg ja als „militärische Sonderoperation zur Friedenssicherung“ verkauft werden! So wird verbreitet, dass Russland ein weiteres Mal die Welt vor Nazis rettet. Ja, richtig gehört! Der Krieg sei quasi eine Notwendigkeit, um eine vermeintliche faschistische Ukraine-Regierung zu beseitigen. In dieses Bild der schützenden „Spezialoperation“ passt auch das von russischen Staatsmedien verbreitete Mythos, Russ:innen würden in den von Russland selbsternannten „Volksrepubliken“ Donezk und Luhansk durch die ukrainische Regierung getötet werden. Hier schreckt der Kreml auch nicht davor zurück mit Begriffen wie „Genozid“, also Völkermord, um sich zu werfen. Oder es wird behauptet, der Krieg sei nur inszeniert worden, um von der Corona-Pandemie abzulenken. Angeblicher Beweis: solidarische Demonstrationen mit der Ukraine seien erlaubt gewesen, während Proteste gegen die Corona-Maßnahmen kriminalisiert worden seien.
Was aber wäre eine gute Erzählung, ohne dramatischen Höhepunkt und Helden? Auch diese werden vom Desinformator-Regime präsentiert: die „Sonderoperation" sei unabwendbar gewesen, da die Ukraine sich Atomwaffen besorgen wolle. Es gäbe nur einen, der die Welt retten kann! Putin- der Kreml – Russland! Darum bekommen sie innerhalb der Erzählungen auch kurzerhand ein schickes Makeover, um weniger gemein und hässlich zu erscheinen. Denn all diese fürchterlichen Angriffe mache Russland ja nur, weil es Frieden und Freiheit für alle anstrebe. Immer wieder strecke es die Hand in Richtung Ukraine aus! Die Ukraine müsse ja nur zustimmen und zum Beispiel ein Teil ihre Landes an Russland abtreten. Die „böse" Ukraine jedoch gäbe nicht klein bei und setze sich militärisch zur Wehr – darum sei sie quasi selbst Schuld am Krieg im eigenen Land. Ja, das macht diese russischen Märchen zugegeben ziemlich absurd. Denn es würde voraussetzen, dass die Großmacht Russland und die kleine Ukraine auf Augenhöhe „verhandeln“ könnten, wenn der nette Onkel Putin zum Tee an seinen monströsen Tisch einlädt. Also hier muss den Verfasser:innen die weiße Friedenstaube nun wirklich etwas zu nah vors Gesicht geflattert sein, wenn sie ausblenden, dass die Aggression durch Drohungen, Missachtung diplomatischer Abmachungen und völkerrechtswidrige Militäraktionen von russischer Seite ausgehen. Sorry, da hilft definitiv auch keine „Friedensdemo“.
Letztlich zeigt sich: Die Verschwörungserzählungen und Desinformationen rund um den Angriffskrieg dienen nicht nur der russischen Legitimation des Krieges, sondern werden auch in der rechtsextremen, verschwörungsideologischen und antidemokratischen Szene für die eigene Ideologie zurechtgeschustert. So verweben sich die Rechtfertigungen rund um den russischen Angriffskrieg mit Erzählungen angeblicher globaler Eliten, die sich gegen „das Volk” verschwören und einer „Neuen Weltordnung“ . Die Flut an immer neuen absurden Behauptungen aus Russland scheint kein Ende zu nehmen: Von europäischen Satanisten, die den russisch-orthodoxen Glauben zerstören wollen, über Gehirnwäsche bei Kindern durch die LGBTQI+ und Frühsexualisierung, bis hin zu britischen Restaurants, die wegen kostspieligen Waffenlieferungen an die Ukraine nun Eichhörnchen servieren müssen (na immerhin keine Hasen) – der Wahnsinn kennt kein Halten mehr. Putins Allmachtsfantasien zeigen erneut die Unberechenbarkeit und Skrupellosigkeit eines Mannes, der bereit ist, über Leichen zu marschieren. Hier sollte jemand nicht nur schleunigst in Rente, sondern auch hinter Gitter gehen. Meine Devise für Genosse Wladimir: Schwedische Gardinen statt eiserner Vorhang.
Tagesschau: „Krieg in der Ukraine: Die häufigsten Verschwörungsmythen“
Amadeu Antonio Stiftung: „Analyse: Rechtsextreme und Verschwörungsideologen nutzen den Krieg in der Ukraine“
CeMAS: „Ein Jahr russischer Angriffskrieg: Die Rolle von Desinformation in Deutschland“
Gegenverschwörung Hamburg: Linksammlung und Hintergrundinfos zum Ukraine-Krieg
Bild: Markus Spiske via Unsplash