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Antifaschistisches Engagement als Businessmodell?
Sehnt ihr euch nach einer beruflichen Veränderung? Den ganzen Tag am Schreibtisch sitzen wird euch auf Dauer zu langweilig? Dann habe ich vielleicht genau das richtige für euch! Im Rabbit Hole kursiert nämlich seit einigen Jahren eine vielversprechende Jobausschreibung mit viel Bewegung, pyrotechnischer Weiterbildung und gutem Stundenlohn: Demonstrieren gegen Faschismus. Na, interessiert? Bewerben könnt ihr euch ganz einfach bei einer angeblich global gesteuerten, kriminellen Superorganisation: „der Antifa“. Gelenkt werden soll das linke, antifaschistische „Firmenkonstrukt“ – natürlich – von „denen da oben“. Ich verrate euch, wie viel Demogeld ihr wirklich bekommt und warum die Antifa keine Firma ist.
Wer sich nun motiviert auf eine der angeblich vom Staat finanzierten Demojobs bewerben will, stößt leider schnell auf die ersten Hürden. Das beginnt schon bei den vermuteten Arbeitgebenden. In Verschwörungskreisen wird von verantwortlichen Organisationen, wie dem „Antifa e.V.“, der „Antifa UG“, der „Antifa-GmbH“ oder der „Antifa-Reisen GmbH“ gemunkelt, die hinter großen Gegendemonstrationen stecken sollen. Auch solle es Antifa-Filialen in US-Botschaften, eigene Firmenausweise und sogar Premium-Mitgliedschaften (ANTIFAmily) geben. Vielleicht auch bald „Antifa+“ als neuer Streaminganbieter?
Doch eine Bewerbung als Berufsdemonstrierende könnt ihr dort leider nicht einreichen, denn die angeblichen Vereine und Firmen der Antifa sind nicht nur erfunden, sondern meistens reine Satire. So schrieb beispielsweise die Tageszeitung taz in einem satirischen Artikel, darüber, dass die ausgedachte Vereinigung „Antifa e.V.“ Geld vom Staat für Demonstrationen gegen die rechtsextreme Organisation PEGIDA erhalten würde. Verschwörungsgläubige fanden darin die Bestätigung ihrer Feindbilder und verbreiteten entrüstet die Falschmeldung. Selbst die anschließende Aufklärung über die Satireaktion wurde als wahrheitsverschleiernder Schachzug der „Mainstreammedien“ aufgebauscht.
Seither bemüht sich vor allem die rechtsextreme und verschwörungsideologische Szene hartnäckig darum, den Mythos um die angebliche terroristische Organisation der Antifa, der Gewaltbereitschaft und der Finanzierung von mächtigen „Eliten“ wie George Soros am Leben zu erhalten. Dafür werden immer wieder (schlecht) gefälschte Gewaltaufrufe, Bekennerschreiben, Geheimpläne oder Handbücher verbreitet, die die bösen Machenschaften „der Antifa“ beweisen sollen. Außerdem werden auch zivilgesellschaftliche Organisationen immer wieder Ziel von rechtsextremen Anfeindungen und Verschwörungsnarrativen, da sie angeblich mit „der Antifa“ zusammenarbeiten würden. Da reicht es stellenweise schon, wenn Organisationen sich gegen Rechtsextremismus engagieren und staatliche Fördergelder erhalten. Der „Deep State“ lässt grüßen.
Wer nun immer noch auf leichtverdientes Demogeld hofft, den muss ich leider enttäuschen: Es gibt nichts dergleichen. Keine schwarzen Hoodies als Willkommensgeschenk, keine Aussicht auf Verbeamtung und keine Corporate Benefits – nicht mal einen lausigen Obstkorb. Die Antifa ist entgegen den weitverbreiteten Verschwörungserzählungen weder eine Organisation noch eine Firma. Das stellte bereits 2018 der wissenschaftliche Dienst des Bundestags fest. Es gibt auch nicht „die“ Antifa, sondern nur verschiedene antifaschistische Gruppen, die sich im Hinblick auf deren Aktionsformen teilweise selbst nicht einig sind.
Häufig wird die Antifa direkt mit gewalttätigem Linksextremismus gleichgesetzt. Natürlich gibt es den stellenweise auch und Gewaltakzeptanz spielt für einen Teil der autonomen Antifa-Szene definitiv eine zentrale Rolle. Was aber „Antifa“ bzw. antifaschistisches Engagement wirklich bedeutet und welche Strukturen, Formen und Aktionen auch dahinterstecken, kommt dabei meistens zu kurz. Im Kern steckt die Idee zur Selbsthilfe für ein notwendiges zivilgesellschaftliches Engagement gegen Rechtsextremismus. Es geht dabei vor allem ums Informieren, Diskutieren, Vernetzten, Demonstrieren, Reagieren und Empowern zum Thema Antifaschismus. Es braucht daher gar keine Demogelder oder fiesen Verschwörungen, um für eine Sache auf die Straße zu gehen. Manchmal reicht einfach die Motivation, unsere demokratischen Grundwerte erhalten zu wollen.
Deutschlandfunk. (10.11.2019). Mythos Antifa: Zwischen Engagement und Gewalt. Abgerufen am 26.03.2025, von https://www.deutschlandfunk.de/mythos-antifa-zwischen-engagement-und-gewalt-100.html
Correctiv. (23.02.2025). „Antifa UG“: Jahrealte Fälschung von Vergütungsliste kursiert vor Bundestagswahl erneut. Abgerufen am 26.03.2025 https://correctiv.org/faktencheck/2025/02/23/antifa-ug-jahrealte-faelschung-von-verguetungsliste-kursiert-vor-bundestagswahl-erneut/
Tagesschau. (20.01.2020). Fakes im Netz: Mythos Antifa. Abgerufen am 26.03.2025, von https://www.tagesschau.de/faktenfinder/fakes-antifa-101.html
Tagesschau. (02.06.2020). Proteste in den USA: Die „Antifa-Soros-Verschwörung“. Abgerufen am 26.03.2025, von https://www.tagesschau.de/faktenfinder/minneapolis-usa-geruechte-fakes-101.html
Frankfurter Rundschau. (07.11.2019). Der Staat und die Antifa. Abgerufen am 26.03.2025, von https://www.fr.de/politik/staat-antifa-11024537.html
Bundesamt für Verfassungsschutz. (n. d.). Die „Antifa“: Antifaschistischer Kampf im Linksextremismus. Abgerufen am 26.03.2025, von https://www.verfassungsschutz.de/SharedDocs/hintergruende/DE/linksextremismus/die-antifa-antifaschistischer-kampf-im-linksextremismus.html#doc812060bodyText1
Bundeszentrale für politische Bildung. (05.12.2019). „Die Antifa“ – eine Spurensuche. Abgerufen am 26.03.2025, von https://www.bpb.de/themen/linksextremismus/linke-militanz-2019/301567/a4-die-antifa-eine-spurensuche/
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