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Bird watching, aber andersrum.
Was eignet sich am besten für die geheime Überwachung der gesamten Menschheit? Wenn es nach den Anhängerinnen und Anhängern der „Birds aren’t real“-Bewegung geht, dann sind das auf jeden Fall Drohnen, die aussehen und sich verhalten wie Vögel. Natürliches Habitat: Die Strommasten auf den Straßen und Feldern. Natürlich um die Akkus zu laden.
Glaubt man dem Gezwitscher im Rabbit Hole, begann alles in den 1950er Jahren. Damals habe die US-Regierung alle echten Vögel für – nun ja – vogelfrei erklärt und töten lassen. Mechanische Drohnen wurden in ihr neues Federkleid gesteckt und fortan vom Geheimdienst durch die Lüfte gelenkt. Amsel, Drossel, Fink und Star dienen seitdem der Überwachung der Bevölkerung. Bericht erstatten – wie sollte es anders sein – die sogenannten Singvögel. Autos, die verfolgt werden sollen, werden mit einem besonderen Marker versehen, der gemeinhin als „Vogelkot“ bekannt ist. Was kommt als Nächstes? Fliegende Mäuse, die uns per Echo orten können?!
Doch die Geschichte über die Spionage aus dem Taubenschlag entpuppt sich bei näherer Betrachtung eher als faules Ei im Rabbit Hole. Sie ist weder eine echte Verschwörung noch eine echte Verschwörungserzählung. Das gab es hier noch nie! Man muss nicht lange suchen, bis man auf die Ursprünge der „Birds aren’t real“-Bewegung kommt. Ein junger Amerikaner namens Peter McIndoe schmückte sich nämlich im Jahr 2017 mit fremden Federn, mischte sich unter eine Demo von Trump-Fans und hielt ein Schild mit der absurden Behauptung hoch. Was dort als spontaner und ironischer Akt gegen die allgegenwärtigen Verschwörungserzählungen begann, entwickelte sich schnell zu einem Phänomen in den sozialen Medien.
Mit einer reißerischen Erzählweise gelang es McIndoe, seine (Zeitungs-)Ente so überzeugend darzustellen, dass viele Menschen tatsächlich daran glaubten, während andere den Witz erkannten und ihn ebenfalls mit der Intention, Verschwörungsmythen als absurd darzustellen, weiterverbreiteten. Inzwischen machen McIndoe und seine Anhängerinnen und Anhänger keinen Hehl daraus, dass es sich bei „Birds Aren't Real“ um eine satirische Kampagne handelt. Sie werden zu Vogelkundlerinnen und -kundlern der besonderen Art und benutzen die Erzählung bewusst, um auf die Gefahren von Fehlinformationen aufmerksam zu machen.
Die Bewegung um Peter McIndoe versucht also jenen, die kursierender Desinformation und Verschwörungserzählungen anheimfallen, einen Spiegel vorzuhalten. Und formuliert damit eigentlich einen eindeutigen Appell: nicht alles leichtgläubig für wahr zu halten, was andere nur laut genug herausschreien, egal ob auf Demonstrationen oder im Internet. Weise Worte, würden sie nur bei allen ankommen. Denn manchmal glaubt man eben auch, an was man glauben will. Und wie bei Vögeln dient bei einigen Menschen wohl der Spiegel auch nur dazu, sich nicht zu einsam zu fühlen.
Deutschlandfunk Kultur. (2022, 25. August). „Birds aren’t real“: Die Verschwörungstheorie, die eigentlich Satire ist. https://www.deutschlandfunkkultur.de/birds-verschwoerungstheorie-satire-102.html (Abrufdatum: 21. Oktober 2024)
TED. (2021, 24. November). Birds Aren’t Real: The true story of how birds became spies. [Video]. YouTube. https://www.youtube.com/watch?v=3VEkzweBJPM (Abrufdatum: 21. Oktober 2024)
WREG News. (2021, 15. Dezember). Every tweet is a lie: „Birds Aren’t Real“ campaign spreads message with new Memphis billboard. https://wreg.com/news/every-tweet-is-a-lie-birds-arent-real-campaign-spreads-message-with-new-memphis-billboard/ (Abrufdatum: 21. Oktober 2024)